Kurzarbeit

Kurzarbeit

Unter Umständen kann der Arbeitgeber für den gesamten Betrieb oder eine Abteilung Kurzarbeit anordnen, also die Arbeitszeit verkürzen. Bei „Kurzarbeit Null“ fällt die Arbeit komplett aus. Die Arbeitnehmer erhalten für die ausgefallenen Stunden Kurzarbeitergeld (KUG).

Es muss zumindest 1 Arbeitnehmer im Betrieb bzw. in der Abteilung beschäftigt werden. Geringfügig Beschäftigte erhalten kein KUG, ebenso wenig Arbeitnehmer, denen gekündigt wurde. Auszubildende haben unter Umständen Anspruch auf KUG, vgl. § 98 SGB III. Kurzarbeit gibt es auch für gemeinnützige Unternehmen (z.B. Vereine, Schulen, Kitas), Kulturschaffende, kommunale bzw. öffentliche Betriebe (z.B. Theater, Museen).

Ob der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen darf, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag. Notfalls ist aus gegebenem Anlass eine neue Vereinbarung zu schließen. Sofern vorhanden, ist die Arbeitnehmervertretung zu beteiligen, siehe unten.

Wenn Kurzarbeit wirksam angeordnet wurde und durch die Kurzarbeit ganze Arbeitstage wegfallen sind, darf der Jahresurlaub gekürzt werden (BAG, Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21). Durch die vorübergehende Kurzarbeit sind die Arbeitstage nicht mehr gleichmäßig verteilt. Der Urlaub ist deshalb nach folgender Formel zu berechnen (BAG, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 406/17):
In der 6-Tage-Woche: 24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage
In der 5-Tage-Woche: 24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 260 Werktage
Hat der Arbeitnehmer laut Vertrag Anspruch auf Mehrurlaub (über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus) und folgt der Mehrurlaub den gesetzlichen Regeln, ist die Zahl 24 in der Formel entsprechend zu ändern.

Vor Einführung der Kurzarbeit muss der Arbeitgeber zunächst die Kurzarbeit der Arbeitsagentur anzeigen. Diese prüft, ob die Voraussetzungen für KUG vorliegen. Wenn das der Fall ist, zahlt der Arbeitgeber den Lohn für die geleisteten Stunden und das KUG für die ausgefallenen Stunden. Anschließend beantragt er Erstattung des KUG bei der Arbeitsagentur. Anzeige und Antrag können online erfolgen.

Geregelt ist Kurzarbeit in den §§ 95 ff. SGB III.

Bis zum 31. Dezember 2021 gelten folgende Sonderregelungen (KugV), die bis zum 31. März 2022 verlängert werden sollen (KugverlV):
  • Es genügt, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten (statt ein Drittel) einen Entgeltausfall von mehr als 10 Prozent haben.
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden (Minusstunden) wird verzichtet.
  • Auch Leiharbeitnehmer (Beschäftigte in Zeitarbeit) erhalten Kurzarbeitergeld.
Das KUG beträgt grundsätzlich 60% (bzw. 67% mit Kind) des ausgefallenen Netto-Entgelts. Vgl. aber die Sonderregelung in § 421c Abs. 2 SGB III:

„(2) Abweichend von § 105 beträgt das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021
1. für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden [d.h. mit Kind], ab dem vierten Bezugsmonat 77 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat 87 Prozent,

2. für die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat 80 Prozent

der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum, wenn der Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist und wenn die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 Prozent beträgt. Für die Berechnung der Bezugsmonate sind Monate mit Kurzarbeit ab März 2020 zu berücksichtigen.“

Die Sozialabgaben richten sich  nicht nach der Höhe des KUG, sondern nach dem Arbeitsentgelt, das durch Kurzarbeit wegfällt (fiktives Arbeitsentgelt). Der Arbeitgeber trägt die Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) alleine. Sie werden ihm aber von der Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. Dezember 2021 in voller Höhe erstattet (KugV). Die Erstattung soll bis zum 31. März 2022 fortbestehen, aber nur in Höhe von 50% (KugverlV). Das KUG ist steuerfrei.

Der Arbeitgeber kann das KUG der Mitarbeiter aufstocken, also einen Zuschuss zahlen. Unter Umständen ist er dazu laut Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag verpflichtet. Der Zuschuss ist sozialabgabenfrei, sofern Zuschuss und KUG zusammen nicht 80 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgelts übersteigen. Das gilt unbefristet. Für die Steuer gibt es eine befristete Regelung: Der Zuschuss ist steuerfrei für Lohnzahlungszeiträume zwischen dem 1. März 2020 und 31. Dezember 2021.

Die Bezugsdauer für das KUG beträgt grundsätzlich 12 Monate. Sie ist für Arbeitnehmer, deren Anspruch auf KUG bis zum 31. Dezember 2020 entstanden ist, auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31. Dezember 2021, verlängert worden (vgl. 2. KugBeV). Sie soll für Arbeitnehmer, deren Anspruch auf KUG bis zum 31. März 2021 entstanden ist, auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31. März 2022, verlängert werden (KugverlV).

Die Anrechnung von Hinzuverdienst bei Kurzarbeit wurde vorübergehend geändert, vgl. § 421c Abs. 1 SGB III. Bis zum 31. Dezember 2021 wird der Verdienst aus dem neuen Nebenjob während der Kurzarbeit nicht angerechnet, wenn es sich um eine geringfügige Beschäftigung (450 €-Job) handelt. Anrechnungsfrei ist grundsätzlich eine Nebentätigkeit, die schon vor der Kurzarbeit bestand (Rückschluss aus § 106 Abs. 3 SGB III).

Außerdem wird die berufliche Weiterbildung während der Kurzarbeit bis zum 31. Juli 2023 gefördert (§ 106 a SGB III). Unter bestimmten Voraussetzungen werden dem Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge erstattet (sofern diese nicht schon anderweitig erstattet werden, siehe oben) und die Lehrgangskosten.

Die Arbeitsagentur stellt detaillierte Informationen für Unternehmen und Beschäftigte zur Verfügung.

Der Betriebsrat ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu beteiligen. Die Betriebsvereinbarung muss mindestens die Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer regeln (BAG, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14).

Im Bereich der katholischen Kirche konnte Kurzarbeit bislang nur ausnahmsweise durch Dienstvereinbarung eingeführt werden, nämlich nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 MAVO, wenn die Arbeitsvertragsordnung eine ergänzende Dienstvereinbarung ausdrücklich zulässt (wie z.B. Anlage 5 § 5 AVR-Caritas). Um eine Dienstvereinbarung zur Kurzarbeit flächendeckend zu ermöglichen, wurde die MAVO für die Zeit vom 1. April 2020 bis zum 31. März 2022 geändert. In § 36 Abs. 1 Nr. 14 MAVO und § 38 Abs. 1 Nr. 16 MAVO wurde der Tatbestand „Kurzarbeit nach dem SGB III“ eingefügt. Vgl. z.B. Amtsblatt des Erzbistums Köln, Stück 5, vom 2. April 2020.

Im Bereich der evangelischen Kirche kann Kurzarbeit durch Dienstvereinbarung gem. § 36 MVG eingeführt werden, vgl. § 6a BAT-KF und § 9i AVR-DD.

Dez 2021
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