Aufhebungsvertrag beseitigen

Wie kann man einen Aufhebungsvertrag
wieder beseitigen?

Grundsätzlich sind beide Parteien an den Aufhebungsvertrag gebunden. Wenn sie sich einig sind, dass der Aufhebungsvertrag ein Fehler war, können sie vereinbaren, dass der Aufhebungsvertrag nicht gelten soll und das Arbeitsverhältnis fortgeführt wird. Aber was kann man machen, wenn eine Partei an dem Aufhebungsvertrag festhält und die andere Partei sich davon lösen möchte?

Die Klauseln im Aufhebungsvertrag zur Beendigung oder zur Abfindung (als Gegenleistung für die Beendigung) können nicht nach AGB-Recht wegen ungerechtfertigter Benachteiligung unwirksam sein. Andere Klauseln unterliegen aber der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB, z.B. ein Klageverzicht (BAG, Urteil vom 12.03.2015, 6 AZR 82/14).

Ein gesetzliches Widerrufsrecht wie bei einem sog. „Haustürgeschäft“ gibt es nicht. Aufhebungsverträge sind keine Verbraucherverträge im Sinne der §§ 355, 312g, § 312b BGB, wie sich insb. an den Informationspflichten und den Folgen des Widerrufs nach diesen Vorschriften zeigt (BAG, Urteil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18). Der Aufhebungsvertrag kann also auch beim Arbeitnehmer zu Hause geschlossen werden.

Es gibt aber insb. folgende Möglichkeiten, den Aufhebungsvertrag wieder zu beseitigen:

Ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht kann vereinbart werden, z.B. im Aufhebungsvertrag selbst oder im Tarifvertrag.

Der Arbeitgeber kann gem. §§ 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 349 BGB zurücktreten, wenn die Geschäftsgrundlage des Aufhebungsvertrags gestört ist, etwa weil er dem Arbeitnehmer während der Auslauffrist außerordentlich kündigen muss. Damit entfällt dann die Abfindung.

Ein Aufhebungsvertrag im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang kann wegen Umgehung von § 613a BGB nichtig sein. Beim Betriebsübergang geht das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes ohne Änderungen vom Veräußerer des Betriebes (alter Arbeitgeber) auf den Erwerber (neuer Arbeitgeber) über. Das versuchen Veräußerer und Erwerber ggf. zu umgehen, indem der Veräußerer mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag schließt und zugleich zwischen Arbeitnehmer und Erwerber ein neuer Arbeitsvertrag mit schlechteren Bedingungen geschlossen oder verbindlich in Aussicht gestellt wird. Das ist jedoch nicht zulässig.

Ein Aufhebungsvertrag kann unwirksam sein, falls der Arbeitgeber gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen hat. Der Arbeitgeber ist gem. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, ein Mindestmaß an Fairness einzuhalten. Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Pflicht führt gem. § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz nach § 249 BGB. Der Arbeitnehmer ist so zu stellen, wie er ohne Aufhebungsvertrag stünde, so dass der Aufhebungsvertrag rückgängig gemacht und das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortgesetzt wird (BAG, Urteil vom 7.2.2019, 6 AZR 75/18). Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer nicht Bedenkzeit oder ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht einräumen. Er muss auch im Vorfeld nicht ankündigen, dass er einen Aufhebungsvertrag verhandeln will. Er darf aber nicht eine psychische Drucksituation schaffen oder ausnutzen, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht, etwa
  • durch besonders unangenehme Rahmenbedingungen, die erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken,
  • bei einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse
  • durch Überrumpelung, wie z.B. beim unangekündigten Aufsuchen des kranken Arbeitnehmers in der Wohnung, erst recht, wenn keine triftigen Gründe für Verhandlungen noch während der Erkrankung vorliegen.
Der Aufhebungsvertrag ist nichtig, wenn er wirksam angefochten wurde. Eine Anfechtung setzt einen Anfechtungsgrund (Irrtum, Täuschung oder Drohung) voraus und muss innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgen (§§ 121, 124 BGB). Ein Irrtum über die Folgen für das Arbeitslosengeld berechtigt nicht zur Anfechtung. Die Drohung mit einer Kündigung ist nur rechtswidrig, wenn ein verständiger Arbeitgeber die Kündigung nicht in Erwägung ziehen durfte, weil er davon ausgehen musste, dass die Kündigung später einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten würde.

Das BAG verlangt, dass man eindeutig erklärt, aus welchem Grund der Aufhebungsvertrag nicht gelten soll, d.h. wenn man die Anfechtung erklärt hat, kann man nicht nachträglich sagen, der Widerruf sei gemeint gewesen (BAG, Urteil vom 12.03.2015, 6 AZR 82/14).

Nov 2019
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